Kiel um 1800: Eine deutsch-dänische Gelehrtenrepublik (Vorprojekt)

Projektthema

Exzellent war die Kieler Christian-Albrechts-Universität schon einmal: um 1800. Damals, zwischen dem Beginn der Französischen Revolution (1789) und dem „Frieden von Kiel“ (1814), entsteht in Schleswig-Holstein eine bedeutende deutsch-dänische Gelehrtenrepublik. Ihr intellektuelles Zentrum bildet die Freundschaft zwischen dem Philosophen Karl Leonhard Reinhold (1757 – 1823) und dem Dichter Jens Immanuel Baggesen (1754 – 1826). In dem liberalen akademischen Klima der dänischen Verwaltung kommt die Kieler Reformuniversität zu großer Blüte und bringt bedeutende wissenschaftliche und akademische Leistungen auf den Gebieten der Jurisprudenz, der Theologie, der Philosophie, der Philologie, der Geschichte, aber auch der Forst- und Verwaltungswissenschaften hervor.

Mit der Universität und ihrem zunehmend internationalen Ruf erfahren auch die zivilgesellschaftlichen Institutionen Kiels einen Aufschwung: literarisch-philosophische Salons, der Verein der freiwilligen Armenfreunde, die Kirchengemeinden und das Freimaurerwesen. In Kiel um 1800 formiert sich eine rege, in verschiedenen Institutionen und Medien Gestalt gewinnende bürgerliche Stadtkultur, die erhebliche Bedeutung über die Kieler Stadtgrenzen gewinnen wird.

Zu den zentralen Figuren dieser borealen Gelehrtenrepublik gehören neben den philosophischen Freunden Reinhold und Baggesen zahlreiche andere Professoren der Kieler Universität: der Philologe Andreas Wilhelm Cramer, der Pädagoge Martin Ehlers, der Historiker Dietrich Hermann Hegewisch, der Jurist Adolf Friedrich Trendelenburg, der Jurist und Forstwissenschaftler August Christian Niemann, der Theologe Samuel Francke. Zu den führenden Köpfen dieser Kieler Gelehrtenrepublik um 1800 gehören aber auch bedeutsame intellektuelle Frauen, die in philosophisch-literarischen Salons die kulturelle Bildung des Stadtpublikums befördern: Sophie Reinhold, die Tochter Wielands, Sophie Baggesen, Julia Reventlow, Louise Stolberg, in weiteren Umkreis auch Elise und Christina Reimarus, Charlotte Schimmelmann. Fast alle genannten Personen, denen weitere hinzuzufügen wären, eint ihre aufklärerische Gesinnung, ihr bürgerlich-soziales Engagement, Vernunftreligiosität und Illuminatentum.

Projektziele

Das an der Erforschung dieser bedeutsamen geistesgeschichtlichen Konstellation arbeitende interdisziplinäre und internationale Projekt möchte unter Einbezug unterschiedlicher methodischer Perspektiven einen Beitrag

  1. zur Erschließung bedeutender Archivalien (Baggesen, Reinhold, Reimarus, Reventlow)
  2. zur Aufarbeitung der deutsch-dänischen „intellectual history“,
  3. zur Kooperation zwischen bereits bestehenden deutsch-dänischen Wissenschaftskooperationen (DFG-Projekt zur Erschließung des Baggessen-Nachlasses etc.) sowie
  4. zum Transfer geistes- kultur- und geschichtswissenschaftlicher Erkenntnisse leisten.

Beteiligte Forschende:

Prof. Dr. Dirk Westerkamp, Prof. Dr. Karin Hoff, Prof. Dr. Oliver Auge, Prof. Dr. Kathrin Kirsch, Prof. Dr. Sonja Klimek, Prof. Dr. Martin Krieger, Prof. Dr. Anna Sandberg, Prof. Dr. Caecilie Weissert