Volltexte im Internet · Projekt Runeberg

von Jan Hecker-Stampehl

In loser Folge stelle ich hier im Blog Volltextarchive vor, die historische Quellentexte oder Fachliteratur in digitalisierter Form und frei zugänglich (open access) zur Verfügung stellen.

Eines der ältesten Projekte ist das schwedische Projekt Runeberg, das 1992 in Linköping von dem Programmierer und Software-Entwickler Lars Aronsson ins Leben gerufen wurde. Die Idee dazu war seit etwa einem Jahr bereits diskutiert worden – vor ungefähr 20 Jahren also. Aronsson saß seinerzeit schlichtweg vor der Aufgabe, die kurz zuvor von der Universität Linköping gestarteten Gopher-Server mit Inhalt zu füllen. Als Vorbild diente das von dem Amerikaner Michael S. Hart (1947–2011) begründetete Project Gutenberg. Harts händische Digitalisierung des Textes der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung am 4. Juli 1971 gilt als Geburtsstunde des eBooks – das obendrein frei herunterladbar war. Damit war der Grundgedanke, gemeinfreie Werke, deren Urheberrecht abgelaufen war, in elektronischer Form zur Verfügung zu stellen, geboren.

Diesen Gedanken griff Aronsson gut 20 Jahre später in Schweden auf. Auch auf der heutigen Internetpräsenz gesteht man freimütig ein, dass es zunächst nur darum ging, irgendwelche Inhalte im Internet bereit zu stellen, ohne dass man diese Inhalte selber generieren wollte. Es ging darum, die technische Machbarkeit und die Benutzung der sich Anfang der 1990er Jahre rapide entwickelnden Internet-Dienste zu testen. Texte waren zu diesem Zeitpunkt einfacher zu bearbeiten und bereitzustellen als andere Materialien, so dass die Entscheidung auf gemeinfreie Texte aus zunächst der schwedischen Literatur- und Kulturgeschichte fiel, später wurden dann auch Texte aus dem anderen nordischen Ländern hinzugenommen. 1994 wechselte man von Gopher zum rasch an Popularität zunehmenden World Wide Web und das Ganze wuchs von der ersten Testphase zu einem immer weiter ausgreifenden ideellen Projekt, um den Zugang zu immer mehr historischen Texten zu erleichtern. Dabei stecken bis heute viele Freiwillige ehrenamtliche Arbeit in die Digitalisierung, OCR-Erkennung und das Korrekturlesen der gescannten Seiten sowie seit 1998 zusätzlich in die Bereitstellung von Faksimiles der Originale.

Historische Bibelübersetzungen, die ersten beiden Auflagen des schwedischen Konversationslexikonklassikers Nordisk Familjebok, die zweite Auflage des dänischen Pendants Salmonsens Konservationsleksikon und historische biografische Nachschlagewerke sind nur einige Beispiele für die mittlerweile 656.634 Seiten oder 32,8 Regalmeter (Stand September 2011), welche man digitalisiert und der Netzöffentlichkeit zugänglich gemacht hat.


Quellen: