- 08.02.2013
- Kategorie Kulturgeschichte Politik / Gesellschaft
Filmpremiere heute: Schwedische Hacker am Werk – und vor Gericht
Heute hat ein Film Weltpremiere, der die Geschichte um den Prozess gegen die Macher hinter der umstrittenen schwedischen BitTorrent-Seite The Pirate Bay erzählt: The Pirate Bay – Away From Keyboard. Der Film wird – ganz im Sinne der Hackerethik (oder doch der Open-Access-Bewegung?) – nicht nur im Kino zu sehen sein, sondern auch im Internet frei zugänglich sein. Der Trailer fordert am Ende auf „download it in spring 2013“. Gedreht hat den Film der schwedische Filmemachers Simon Klose, der bisher vor allem Musikvideos und -Documentaries sowie kurz-Dokumentationen produziert hat. Dieses Debüt im Langformat ist absolut überzeugend geraten und rollt den kontroversen Gerichtsprozess gegen die Hacker-Truppe auf. Der Film hat heute am 8. Februar auf der Berlinale und eben auch im Internet Premiere. Der Trailer verweist schon auf ein zentrales Problem, nämlich, dass die Justiz und die Hacker-Aktivisten nicht dieselbe Sprache sprechen…
Es hat schon seine eigene Komik, wenn der Staatsanwalt vor Gericht mit dem Web-Slang (IRL = in real life) um sich wirft, der Richter aber erstmal nachfragen muss, was gemeint ist. Dass zudem die Pirate-Bay-Macher finden, dass das Internet durchaus sehr real sei, und man daher eher den Begriff AFK = Away From Keyboard verwende, zeigt einen Wahrnehmungsunterschied auf, der sich durch die verschiedenen Etappen des Prozesses zieht, die der Film dokumentiert. Die beiden Seiten sprechen ganz augenscheinlich nicht dieselbe Sprache, ein Unverständnis, das gerade die angeklagten Hacker immer wieder benennen.
Klose versucht sich nicht an einer Verteidigung der Pirate-Bay-Hacker, er nimmt allenfalls subtil Stellung. Es gibt keinen Erzähler, der die Vorgänge aus dem Off kommentiert, einige kurze Zwischentitel ordnen das Geschehen kurz ein oder fungieren als Kapitelüberschriften. Die sich politisch und in Urheberrechtsfragen naiv gerierenden Nerds werfen den Institutionen und Akteuren der Strafverfolgung vor, vom wahren Charakter des WWW und seiner Offenheit keine Ahnung zu haben. Doch lassen sie sich auf eine Diskussion über die Sensibilität, die man beim Schutz geistigen Eigentums walten lassen müsste, nicht wirklich ein. Insofern gibt es nicht nur gegenseitiges Unverständnis, sondern zudem eine gewaltige Kommunikationslücke.
Ich habe den Film im vergangenen Dezember kennengelernt, als ich die Übersetzungsarbeiten für eine deutsche Fassung übernommen habe, eine sporadische Nebentätigkeit, die aber immer wieder zum Kontakt mit aktuellen gesellschaftlichen Prozessen und Diskussionen in Nordeuropa führt. Das tut als Historiker sowieso mal gut, dieser Film passte nun perfekt zu meinen jüngsten Forschungsinteressen, die sich zwar mit Geschichte, aber eben in der digitalen Welt, auseinandersetzen.
Mit dem Film wird ein wichtiges und problematisches Stück jüngster Internetgeschichte aufgerollt. Der Film stößt eigentlich mehr Fragen an als dass er welche beantwortet, für mich ein absolutes Qualitätsmerkmal. Absolut sehenswert und weiterzuempfehlen!