Webressourcen aus Nordeuropa  Jahresrückblick 2020 – Corona: Erinnerungsberichte, Quellen und Sprache

von FID Nordeuropa

Die Auswirkungen der Corona-Krise auf das alltägliche Leben zogen sich im letzten Jahr kontinuierlich durch die Fundstücke aus dem FID Nordeuropa. Grund genug darüber einen gebündelten Jahresrückblick zur Verfügung zu stellen, der alle Posts zu diesem Thema fächerübergreifend zusammenfasst.

Generelles

In den skandinavischen Ländern wurde ab März 2020 auf nationaler Basis Quellenmaterial im Rahmen von Crowdsourcing (Erinnerungsberichte, Fotos und Filme) zur Coronakrise gesammelt und in Auszügen auch schon im Netz veröffentlicht.

In Dänemark hat das Reichsarchiv in Kopenhagen diese Aufgabe übernommen, in Norwegen das Norsk Folkemuseum und in Schweden verantwortet das Nordiska Museet die Sammlung.

Das schwedische und norwegische Material wird in die entsprechenden Erinnerungsdatenbanken (Minnen / Minner) überführt – eine Auswahl dieser Quellen kann auf der interaktiven Karte aufgerufen werden.

Dänemark

  • Auf der Seite Mit liv undercorona-truslen fordert das Archiv in Vejle gemeinsam mit dem örtlichen Museum dazu auf, neben Fotos auch Tagebücher und Videos einzureichen, die das persönliche Leben während des dänischen Lockdowns schildern. Einen ähnlichen Ansatz verfolgen auch das private Portal Corona Dage und das dänische Historische Archiv der Kommune Haderlslev.
  • Das Technikmuseum hingegen dokumentiert den Erfindungsreichtum dänischer Unternehmen, Institutionen und Bürger, die in der Krise neue Produkte und Lösungen entwickeln (beispielsweise durch die Umstellung der Produktion von Whisky auf Desinfektionsmittel)
  • Die geschlechtsspezifischen Folgen der Coronakrise in Skandinavien dokumentiert Kvinfo, das dänische Zentrum für Geschlecht, Gleichstellung und Diversität.
  • Die Datenbank HistorieLab hat aus aktuellem Anlass für Schüler der Klassenstufen 7-9 Quellen zur Geschichte der Epidemien publiziert, die Dänemark vor Covid 19 betroffen haben, zugänglich gemacht.

Norwegen

  • Die Nationalbibliothek in Norwegen sicherte bereits 700 Internetseiten, welche die Coronapandemie thematisieren, mit dem Ziel, deren Inhalte aufzuarbeiten und zugänglich zu machen.
     Auf der Seite Pest og pandemi präsentiert sie Material aus ihren Sammlungen zum Thema „Quellen zu Epidemien vor Corona“.
  • Das norwegische Institut für Entwicklung und Umwelt im Pandemipodden ordnet die heimische Coronalage in den globalen Zusammenhang ein.

Schweden / Finnlandschweden

  • In Schweden tragen inzwischen mehr als 30 Institutionen wie Museen und Archive coronabezogenes Quellenmaterial mittels Crowdsourcing zusammen. Beispielsweise sammelt das Stockholm Läns Museum zusammen mit dem Stadtmuseum Stockholm Erinnerungsquellen des Alten- und Krankenpflegepersonals unter #icoronatider mittels der App Samtidsbild, während das schwedische Zentrum zur Geschichte des Wirtschaftslebens Material dazu sammelt, wie Firmen die Krise handhaben und bewältigen. Einen anderen Themenbereich greift das schwedische Archiv der Arbeiterbewegung auf: Dort sammelt man Quellen der schwedischen Gewerkschaftsmitglieder zu den Arbeitsbedingungen unter Covid 19. Die anonymisierten Berichte sollen ab Herbst 2022 öffentlich zugänglich gemacht werden.
  • In The SCAS Talks Podcast befassen sich schwedische Historiker mit der historischen Einordnung der Coronapandemie, zum Beispiel Fredrik Charpentier Ljungqvist mit einem Beitrag zum Thema ”Corona and the forgotten lessons from historical pandemics”.
  • Das Archiv der Schwedischen Literaturgesellschaft in Finnland (SLS) durchlief sogar mehrere Phasen des Crowdsourcings: zunächst lotete man im Frühjahr die Stimmungslage der Bevölkerung mittels eines Fragebogens aus ( „Finland stänger! Hur påverkar corona dig?“), ab Ostern legte man den Fokus auf die Sammlung von Fotos zu Festen und Feierlichkeiten wie z. B. Abschlussfeiern, die in einem anderen Rahmen gefeiert werden mussten sowie die Veränderungen des Alltags allgemein Zuhause und in der Öffentlichkeit („Hur ser det ut? Social distansering i fest och vardag“ ) – auch Diskussionen auf Facebook  über die Coronalage wurden archiviert. In der dritten Phase führte man Video-Interviews mit Personen, die durch ihren Beruf oder ihre Tätigkeit neue digitale Möglichkeiten nutzen mussten, um ihre Zielgruppen zu erreichen (siehe dazu Seite 2 in Källan 2.2020 (PDF).

E-Book, Hörbuch, Lesung, Podcast, digitale Sammlung, Vortrag

  • Litteraturbanken enthält nicht nur über 1000 literarische und kulturhistorische Volltexte. Unter  Ljud och bild findet man auch Fotos, Webausstellungen, Filme und Lesungen (z. Tl. auch von Autoren; neu hinzugekommen sind gerade 13 Novellen).
  • Sveriges Radio Drama stellt historische Dramenaufnahmen, von bekannten Schauspielern gesprochen, in Netz. Die auf der Bühne des isländischen Nationaltheaters von Montag bis Freitag von einem Schauspieler vorgetragenen Wunschgedichte sind bei Youtube abrufbar.
  • Der „karantänpodcast“ der Kulturredaktion der Zeitung Aftonbladet Vi tvår våra händer beschäftigt sich mit der aktuellen Lage in Schweden. Und das neue Wort corontän wird sprachwissenschaftlich beleuchtet.
  • Die norwegische Nationalbibliothek veröffentlichen Vorträge (auch zukünftige, die ohne Publikum stattfinden) als Video. Kungliga Dramatiska Teatern, Unga Klara und die Oper stellen ihre Aufführungen als Video ins Netz.

Folgende digitale Sammlungen werden besonders beworben:

Sprache in Corona-Zeiten

Wortneuschöpfungen

  • Der schwedische Sprachrat veröffentlichte eine Reihe von Blogposts über die neuen Wörter in der Corona-Krise. Sveriges Radio behandelt in einer Folge des Podcasts „Språket“ eigens das Phänomen der Entstehung neuer Wörter. Im Blog der Språktidningen gibt es einige Artikel zu Wortneuschöpfungen und Bedeutungserweiterung von Wortneuschöpfungen, die die Corona-Krise prägen. Außerdem sind dort Beiträge zu der Anwendung von Fachsprache in der alltäglichen Sprache sowie allgemeinere Beiträge zum Sprachgebrauch in der Corona-Krise zu finden.
  • Der norwegische Sprachrat sammelt die spezifische „Koronaterminologi“. Auf dem Lingoblog wurde ein humorvolles Wörterbuch mit Wortneuschöpfungen angelegt, die „COVID“ enthalten und die aktuelle Situation schildern bzw. fantasievoll erweitern.

Neuartiger Sprachgebrauch im Alltag bzw. sprachliche Reflexion über die Gesellschaft in der Krise:

  • Unter der Rubrik „Nyheiter“ sind auf der Homepage des norwegischen Sprachrates einige Artikel zu der sprachlichen Reaktion auf die in der Corona-Krise neu entstandenen sozialen Situationen erschienen.
  • Danmarks Radio behandelt im Podcast „Klog på sprog“ wie Politiker miteinander in der Krise sprechen. Über den Sprachgebrauch in Bezug auf Krankheiten allgemein und dem Coronavirus im Speziellen handelt eine weitere Folge des Podcasts.

Forschungsförderung in Norwegen

  • Die humanistische Fakultät des Universität Oslo meldet außerdem folgende Förderungsbewilligung: Medieforsker får støtte til prosjekt om koronakommunikasjon.
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