Ein Bild, das die finnische Armee zu verunglimpfen drohte…

von Olli Kleemola

Auf dem Foto (Bild 1), das aus dem Fotofundus der offiziellen Propagandafotografen der finnischen Armee stammt, schaut ein finnischer Soldat zugegebenermaßen in etwas zerknitterter Uniform mit geöffneten Brusttaschen.

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Bild 1, SA-kuva 35542

Nur wegen der Unordentlichkeit die gesamte Zensurmaschinerie in Gang zu setzen, sehe ich als glatte Übertreibung. Was steckt eigentlich dahinter? Das Foto wurde im August 1941, während der sogenannten „Angriffsphase“ des so genannten „Fortsetzungskrieges“ (1941–44) in der Gegend von Rukajärvi im sowjetischen Ostkarelien aufgenommen. Der Mann auf dem Foto heißt Teodor Väisänen. Er hat den Krieg überlebt und angeblich nach dem Krieg als Vertreter der Gewerkschaften Karriere gemacht.

Was war also so „gefährlich“ an dem Bild, dass es umgehend zensiert werden musste? Das Bild erschien noch im Jahre 1941 in der führenden finnischen Illustrierten Suomen Kuvalehti im Zusammenhang mit Werbung für Työmies-Zigaretten. Auch ausländische Bildagenturen zeigten Interesse an dem Bild, da sie es für ein zutreffendes Charakterbild des finnischen Soldaten hielten.

Die höheren Offiziere der finnischen Armee jedoch fanden, das Foto würde ein zu schlechtes Licht auf die Disziplin sowie auf die Verpflegung und die hygienischen Umständen der finnischen Armee werfen. Dem Bild wird sogar nachgesagt, seinerzeit maßgeblich an der Entstehung des von der Kriegsleitung gehassten Begriffs „Jermu“ beigetragen zu haben. Jermu bedeutet so viel wie ein starrköpfiger, (zu!) eigenständig denkender Soldat, der nicht jedem Befehl folgt, und schon gar nicht, wenn er den Befehl als sinnlos betrachtet, und der auch bereit ist, ranghöheren Personen zu widersprechen. Diese Eigenschaften hielt man allgemein für typisch für finnische Soldaten, und im Grunde wurden die Charakterzüge während des Krieges auch geduldet; sie durften nur nicht zu offen manifestiert werden.

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Bild 2

Dieses Bild wurde also nach nur einmaligem Erscheinen aus dem Verkehr gezogen. Doch die Geschichte ging weiter: Nach dem Krieg, in den 50er wurde in der Zeitschrift Sotilasaikakauslehti, dem offiziellen Organ für finnische Offiziere, eine Werbung für Streichhölzer veröffentlicht (BILD 2). Auch wenn das Bild in der Anzeige eine Zeichnung ist, ist es unschwer, die Ähnlichkeit zwischen den zwei Bildern zu erkennen. Der „Kampf“, der mit dem Urteil der Zensoren anfing, endete in einen späten Sieg des typischen finnischen Landsers.

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