In Memoriam Sten Berglund 1947 – 2024

von NORDfor

Sten Berglund, der als Dag-Hammarskjöld-Professor von 2005 bis 2008 am Nordeuropa-Institut geforscht und gelehrt hatte, hat dort wissenschaftliche und freundschaftliche Erinnerungen hinterlassen – wir haben auch nach seinem Aufenthalt die Verbindungen aufrechterhalten. Für die Zeit seiner dreijährigen Gastprofessur stellte der Jubiläumsfonds der schwedischen Reichsbank zusätzliche Mittel für zwei Postdocs zur Verfügung; beide errangen später Professuren in Schweden. Er betreute Studierende und führte sie zu ihren Abschlüssen, mindestens vier Promovierende hat er in Berlin betreut. Von Stens Vertrautheit mit Personen, Netzwerken und Institutionen in Schweden konnte auch das Institut profitieren – er zog Wissenschaftler_innen und Politiker_innen nach Berlin. Schon vor seinem Aufenthalt am Nordeuropa-Institut arbeitete er eng mit dem Wissenschaftszentrum Berlin zusammen.

Sten war einer der profiliertesten Politikwissenschaftler Schwedens, er zählte in seiner Zeit zu einem der international wohl häufigst zitierten Kollegen. Sein Lehr- und Forschungsprofil deckte die Parteien- und Demokratieforschung ab; seine Behandlung des schwedischen Parteiensystems war gründlich und innovativ, sie hob sich erfreulich von eingefahrenen Bahnen (und Klischees) ab. Nach dem Ende des politischen Ost-West-Gegensatzes richtete sich sein Augenmerk insbesondere auf die Demokratisierungsprozesse in den baltischen Staaten und in Osteuropa; hierzu hat er Projekte angeschoben, ausgiebig veröffentlicht, gelehrt und Nachwuchskräfte angeleitet. Unsere gemeinsamen Interessen zielten auf eine Intensivierung der schwedisch-deutschen Forschungsbeziehungen und auf die Fragen der Ostsee-Zusammenarbeit.

Sten war in der deutschen Sprache zuhause wie kaum ein anderer in den schwedischen Sozialwissenschaften, seine Interessen hatten daher auch einen deutschen Kompass. Über Jahre hatte er einen Wohnsitz im Herzen Berlins, in der Wilhelmstraße, zu dem es ihn zog. Er beobachtete die deutsche Politik – nicht immer mit Wohlwollen, aber immer mit Kompetenz. Die Diskussionen mit ihm über die aktuelle politische und gesellschaftliche Entwicklung – sei es auf Englisch, auf Schwedisch oder auf Deutsch geführt, sei es zu Schweden oder Deutschland – waren immer ein Gewinn.

Sten Berglund wurde in Järbo, Gästrikeland geboren und wuchs in Umeå auf; er studierte und promovierte an der dort neugegründeten Universität (Titel der Abhandlung: »Masspartiet som kommunikationssystem«). Von 1984 bis 1997 war er Politikprofessor, zunächst in Helsinki, dann an der Schwedischen Akademie in Åbo. Seine Berufung an die Hochschule in Örebro, die 1999 Universitätsstatus erhielt, war dann wieder verbunden mit der Einrichtung eines Lehr- und Forschungsmilieus, das in der Tat einzigartig war und bei Studierenden und der Kollegenschaft geschätzt wurde. Seine Netzwerker-Fähigkeiten waren beispielgebend.

Sten ruhte in sich selbst, seine Verlässlichkeit gehörte zu seinem Charakter. Seine Sprache war bedachtsam, er verurteilte nicht, auch nicht Konkurrenten und Kollegen, immer urteilte er mit Argumenten – und mit Witz. Bei Begegnungen mit ihm war die Schlussfolgerung »typisch schwedisch« schnell zur Hand. Dass hinter der freundlichen Ruhe nicht Arroganz steckte, sondern ein fundiertes Wissen und ein sicheres, ein begründetes Urteil; sein Humor war trocken und trefflich – das gehört zur bleibenden Erinnerung an Sten Berglund.

Prof. em. Dr. Bernd Henningsen, Nordeuropa-Institut, Humboldt-Universität zu Berlin.

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