„Nordische Geschichte“ vs. „Nordeuropäische Geschichte“

von NordicHistoryBlog

Mit zum Einstieg in diesen Blog gehört auf jeden Fall eine Reflexion darüber, wie man mit den Begrifflichkeiten umgehen sollte. So verwenden die einschlägigen Lehrstühle an den Universitäten Greifswald und Kiel den Begriff „Nordische Geschichte“ für die Selbstbezeichnung. Das hat eine gewisse Tradition, aber man muss zumindest einmal kurz darüber nachdenken, wie man die Begriffe versteht und daher wählt.

Denn: Man stößt in Deutschland ziemlich schnell auf die Haltung, dass man mit dem Begriff ’nordisch‘ vorsichtig umgehen sollte – und das zu Recht! Einerseits drängt sich die in der nationalsozialistischen Ideologie rassistisch zugespitzte Vorstellung vom ‚Nordischen‘ da sofort auf und kann nicht übersehen werden. Andererseits ist ’nordisch‘ [skandinavisch: ’nordisk‘] eine seit den 1930er/40er Jahren zunehmend etablierte Selbstbezeichnung der – da haben wir es wieder – nordischen Länder, die seit Jahrzehnten eine erfolgreiche nordische Kooperation betreiben, die sie etwa im Nordischen Rat und Nordischen Ministerrat institutionalisiert haben.

Der Kollektivsingular ’nordisk‘ hat sich im skandinavischen Sprachgebrauch so stark etabliert, dass man an dem Begriff in dem Sinne, wie ihn die Nordeuropäer selbst meinen, auch wiederum nicht vorbeikommt. Was also tun…? Meiner Meinung nach spricht nichts dagegen, den Begriff ’nordisch‘ auch im Deutschen zu verwenden, doch sollte man, wo es geht, darauf hinweisen, dass er in seiner Begriffsgeschichte nicht unproblematisch ist…je nachdem auch, wo und zu welchem spezifischen Thema man veröffentlicht…

Tatsächlich sind die beiden Vorstellungen von ’nordisk‘ und ’nordisch‘ in der Zeit des Nationalsozialismus wiederholt aufeinandergeprallt. Ich habe auf dieses Phänomen verschiedentlich in meinen Veröffentlichungen hingewiesen.1

Letztlich habe ich mich für eine Mischung entschieden: Im Blognamen steht zwar „Nordic“, aber im Untertitel dann doch „nordeuropäisch“ – ich hatte mit dem Begriff im Deutschen dann jedenfalls doch ein besseres Gefühl…


1 Birgitta Almgren/Jan Hecker-Stampehl/Ernst Piper: „Die Nordische Gesellschaft und Alfred Rosenberg. Der nordische Gedanke in Theorie und Praxis.“ In: NORDEUROPAforum. Zeitschrift für Politik, Wirtschaft und Kultur N.F. 11 (2008:2), S. 7–51.

Jan Hecker-Stampehl: Vereinigte Staaten des Nordens. Integrationsideen in Nordeuropa im Zweiten Weltkrieg. München: R. Oldenbourg Verlag 2011 (= Studien zur Internationalen Geschichte; 26).

Schlagwörter: