- 28.03.2019 - 30.03.2019
- 🇩🇪 Deutschland / Düsseldorf
- Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf; Institut für Geschichte der Medizin, Universität Lund
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Deutsch-skandinavische Wissenschaftsbeziehungen im Kalten Krieg
Deutsche Universitäten übten im 19. Jahrhundert sowie in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts eine starke Strahlkraft auf skandinavische Ärzte und Naturwissenschaftler aus (Larsen 1996, Hösch et al 1999). So fungierte Deutsch als dominante Wissenschaftssprache in Skandinavien (Reinbothe 2006, Prinz & Korhonen 2011), Studenten und Forscher unternahmen häufig Studienreisen nach Deutschland und präsentierten ihre bedeutendsten Forschungsergebnisse in deutschen Zeitschriften (Nilsson et al 2006, Brissman 2010). Auch wenn der Austausch von beiden Seiten angeregt wurde, war die Anziehungskraft, die Deutschland etwa auf Schweden ausübte, besonders groß; es war vom „schwedischen Provinzialismus“ die Rede (Seiler Brylla & Wåghäll Nivre 2015). Dieses Verhältnis änderte sich im Verlauf des 20. Jahrhunderts erheblich. Der Zweite Weltkrieg bedeutete für die traditionellen akademischen Verbindungen zwischen skandinavischen und deutschen Universitäten eine tiefgreifende Zäsur. Kooperationen zwischen skandinavischen und deutschen Universitäten nahmen rasant ab (Broberg & Roll-Hansen 2005). In den letzten Jahren erschienen kultur- und wissenschaftshistorische Studien zu den skandinavisch-deutschen Wissenschaftsbeziehungen zwischen 1933 und 1945, aber auch zur distanzierten Haltung gegenüber deutschen Wissenschaftlern nach Kriegsende (Almgren 2005, Björkman et al 2016). Eine systematische Erforschung der Wiederaufnahme des Austauschs ist bis auf wenige Fallstudien ein Desiderat der wissenschaftshistorischen Forschung (Almgren 2013), ganz besonders in Hinblick auf die Bereiche Medizin und Naturwissenschaften. Erste Fallstudien für die Medizin deuten darauf hin, dass insbesondere das „neutrale“ Schweden einerseits als Vermittler für zunächst isolierte deutsche Forscher und andererseits als Tor in den Westen für Forscher aus der DDR fungieren konnte und internationale, aber auch deutsch-deutsche Begegnungen ermöglichte (Hansson et al 2018).
Im Mittelpunkt der Konferenz sollen der Wissenstransfer über die Ostsee, die Bedeutung von Kommunikationskulturen, Kontaktzonen und alte und neue persönlichen Beziehungen zwischen Forschern in Nordeuropa, und nicht zuletzt auch politische und technologische Aspekte der Kontakte stehen. Zentral ist hierbei der Aspekt der Systemkonkurrenz: Wie funktionierte Wissenschaftsaustausch unter den Bedingungen des Kalten Krieges? Neben Skandinavien bieten sich auch Vergleiche mit anderen „blockfreien“ und „neutralen“ Staaten an. Gibt es Unterschiede im Austausch zwischen etwa Schweden, Österreich oder der Schweiz? Inwiefern dienten diese Länder auch als Drehscheibe deutsch-deutschen Austausches?